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Flut.Staat.Gemeinschaft

Flut.Staat.Gemeinschaft ein Text, an dem Timo und Sara van Jan gearbeitet haben /08.2021


So sah es bei Timo aus. Foto: Jasmin Weinberger

Am Donnerstagmorgen vor drei Wochen habe ich einen Notartermin in der Trierer Innenstadt. Auf dem Heimweg telefoniere ich mit Sara (SoliReklame), sage dass ich noch nicht weiß, ob das heute auch von meiner Seite mit unserem Call für die Lern- und Handlungsgemeinschaft 3 klappt. Nadine, die Dritte in unserer Anbieter:innen-Runde, hatte davor schon abgesagt. Wegen des Katastrophenalarms, ausfallender Internet- und Telefonverbindungen sowie geschlossenem Kindergarten.


Eigentlich wollten wir heute die Methode des Schwellengangs mit unseren Entrepreneur:innen ausprobieren. Ein intuitiverer Zugang zu ihrer Vision, bevor es wieder um Ausdruck, um Artikulation geht. Ach ja, ich bin dazu auch noch im Umzugsmodus. In einer Woche geht es von Trier Ehrang in ein Dorf in der Nähe von Stuttgart. Mit meiner Familie. Und auch mit einem Teil des MYZELIUMs.


Der Ortseingang ist gesperrt. Ich kann nicht zu unserer Wohnung. Die Straße steht unter Wasser. „Auch hier läuft Wasser in den Keller“, sagt meine Frau Hannah. Wir fangen an zu organisieren. Und damit haben wir bis heute nicht wieder aufgehört.


Die Wassermassen waren plötzlich da. Es gab keine rechtzeitige Warnung. Feuerwehr und Polizei konnten uns nur noch bei der Flucht helfen, durch eine kurzfristige Warnung der Feuerwehr und durch die Regelung des Verkehrs. Später half die Feuerwehr und das THW bei den Aufräumarbeiten mit großen Maschinen. Aber nur bis zu dem Grad, wo Maschineneinsatz Sinn macht. Die Handarbeit lag beim Einzelnen. Und alle Einzelnen waren überfordert, nass, übermüdet und irgendwie im Schock.


Was wir dann gebraucht haben und immer wieder brauchen, ist Gemeinschaft. Ein Zusammen. Ein Nichtallein. Und solch eine Gemeinschaft, die hat man oder hat man nicht. Bei Timo war es die Solawi, bei anderen die Fußballmannschaft oder der Schützenverein.


Katastrophen zeigen uns die Grenzen von gesellschaftlicher bzw. staatlicher Planung und Organisation auf. Katastrophen sind Ereignisse, die sich eben nicht an genaue Vorhersagen halten, an Katastrophenpläne oder geordnete behördliche Abläufe. Sie sind größer als erwartet und treten an anderen Stellen auf als vorhergesagt. In diesen Situationen kommt der Staat an seine Grenzen ad hoc für Ordnung, Sicherheit oder einzelne Menschen zu sorgen.


Genau das ist hier in der Gegend und in Trier Ehrang passiert. Der Staat ist nun in der Folge damit beschäftigt, wieder Ordnung herzustellen: Infrastruktur wie Straßen, Strom und Notfallunterkünfte bereitzustellen, den Schutt aus den Flüssen zu holen.


Um den einzelnen Menschen kümmerten sich nach Feuerwehr, Sanitäter:innen und Ärzt:innen – die Nachbarn, Freunde, Familie – also Gemeinschaften, Menschen, mit denen man Verbindungen lebt. Die auch da sind, wenn akute Hilfe nicht mehr gebraucht wird.


Wenn man sie denn hat. Zu Gemeinschaften hat nicht jeder gleichermaßen Zugang. Im Katastrophenfall muss man bereits Teil einer solchen sein. Die Menschen müssen dich kennen und als Mitglied der Gemeinschaft anerkennen und dann sind sie in dieser Notlage solidarisch mit dir. Häufig produzieren Gemeinschaften sogar einen Überschuss an Solidarität und auch andere Menschen kommen so an Hilfe, zu der sie sonst keinen Zugang hätten.


Fazit: Krisen kann man nur begegnen, wenn Gesellschaft (Staat) und vielfältige Gemeinschaften zusammenarbeiten. Jeder für sich allein kann mit den Ausmaßen der Katastrophe nicht fertig werden.

Was bedeutet dies nun für unsere Gesellschaft?

Woran müssen wir arbeiten?

Welchen Impact kann solidarisch, gemeinschaftsbasiertes Wirtschaften dabei haben?

Über diese Fragen machen wir uns an dieser Stelle weiter Gedanken und führen hier ein Flut-Logbuch. Wollt ihr mitdenken? Schreibt uns gerne eure Ideen und Impulse an: info@myzelium.com



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